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Dienstag, 25. Juni 2013

Achim Perner ✝ 19. Juni 2013

„Es ist das Privileg des Menschen, das An-sich des Realen, des schieren
Seins, in ein Für-mich zu verwandeln. Das Reale ist ihm dadurch
unerkennbar geworden, aber entgehen kann er ihm nicht. Das Reale ist das
Anstößige.“ (Achim Perner)

Wir trauern um

Achim Perner

der am 19. Juni 2013 nach einem langen mutigen Kampf mit seinem
„Feind“ - dem Krebs – im Alter von 60 Jahren gestorben ist.

Achim Perner - ein Gelehrter – blieb mit seiner großen geistigen Kraft
und Menschlichkeit bewusst außerhalb der akademischen Bahnen. Als
außergewöhnlich profunder Kenner der psychoanalytischen, philosophischen
und geisteswissenschaftlichen Schriften, sowie der Kunst und der Musik, war
er getrieben vom Drang, die Dinge, die vom Realen zeugen, im Benennen
korrekt zu erfassen. Deshalb ertrug er keine Phrasen, war unerbittlich
präzise und suchte diese Präzision auch im Gespräch mit Kollegen und
Freunden. Davon haben viele profitiert, auch wenn mancher Austausch nicht
immer einfach war. Seine Aufsätze und Vorträge werden jedoch bleiben.

Achim Perner war nicht nur ein „Forscher“ und Lehrer der Psychoanalyse,
ein führender Autor der Psychoanalytischen Sozialarbeit, sondern
gleichzeitig ein begnadeter Praktiker. Als Pädagoge wusste er sein Wissen
einzusetzen, um den zumeist jungen Menschen am Rande ihres
Scheiterns und deren oft verzweifelten Eltern, Erziehern und Lehrern zu
helfen. Gestützt auf die Psychoanalyse Lacans und durch eine kritische
Aufnahme einer großen Palette anderer Theorien und Techniken, war er vor
allem ein Arbeiter im Sozialen. Unermüdlich war er bestrebt mit seinem
fachlichen Können autistische, psychotische, behinderte, deviante und
sexuell missbrauchte Kinder, Jugendliche und Erwachsene in ihrer Not ebenso
aufzufangen, wie Sexualstraftäter und Menschen, die nach schweren
Gewalttaten in Haft waren.

Achim Perner fand in den unterschiedlichsten Situationen im rechten
Augenblick Worte, die dem innersten Sein sensibel entsprachen, da er selbst
die Härten des Lebens bereits als Kind schmerzlich erfahren hatte.

In tiefer Dankbarkeit verabschieden sich

Kollegen und Freunde



Die Trauerfeier und anschließende Beisetzung findet am Freitag, dem 5.
Juli um 9:00 Uhr in Berlin auf dem Friedhof an der Berliner Straße in
Wilmersdorf statt.

Montag, 24. Juni 2013

Die extime Oberfläche der á-la-mode – die Insistenz der Brigitte Reimann





Ich habe die Photographie in diesem Blog auf s/w umgestellt, plötzlich Sehnsucht nach der F.A.Z., die am 1. März 2007 zu meinem Bedauern damit begonnen hatte, „die Farbrezeptoren ihrer Netzhaut zu trainieren“, so wie sie vorher war.

Ich lese nun zum zweiten Mal Brigitte Reimanns Tagebücher aus der Hoy(erswerda)-Zeit, und in diesem Durchgang fällt mir die verzweifelte und aggressive Note in ihrer Produktivität zum ersten Mal deutlich auf – nicht daß es an solchen Momenten inhaltlich ermangeln würde, wäre er nicht schon auf der Welt gewesen, hätte man den Terminus man-eater für sie erfinden müssen, aber bislang lösten diese Momente wohl auch in mir aus, was sie in vielen Männern ausgelöst haben mag – einem wird es gelingen, diese radikale Freiheit, sich zu nehmen und sich zu trennen, langfristig festzuhalten, zu befriedigen und so befriedigt zu werden. Schwer, als Gegenüber da nicht vom Schwindel befallen zu werden, wo sie so ganz beim Anderen sein konnte:

Heute morgen ist Daniel aus dem Krankenhaus zurückgekommen, noch ein bißchen matt und mit schlimmen Rückenschmerzen. Gestern hatte er mir gesagt, er sei gründlich untersucht worden, sein Herz und seine Lunge seien gesund. Als ich heute früh aufwachte, dachte ich froh und erleichtert: Gott sei Dank, mein Herz und meine Lunge sind gesund. Viel später erst wurde mir bewußt, daß es Daniel betraf.“ (Ich bedaure nichts, S.195)

(Foto: Allenby/ HaCarmel in Tel Aviv)




Tel-Aviv, Allenby/ HaCarmel